Österreich ist seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein wichtiges Zielland für Asylmigration. Im Jahr 2015 haben sich die Asylanträge verdreifacht, 2016 wurde eine Obergrenze beschlossen. Eine Zusammenfassung der Asylzahlen und Hintergründe.
Die Jahre 2015 und 2016 waren auf politischer und gesellschaftlicher Ebene von den Themen Asyl, Flucht und Integration geprägt. Grund dafür waren die über 88.340 Schutzsuchenden, die 2015 in Österreich einen Asylantrag stellten. Dazu kamen rund 600.000 Menschen, die auf der Flucht in ein anderes EU-Land durch Österreich reisten. Ein großer Teil der Flüchtlinge kam aus Syrien, wo seit 2011 Krieg herrscht, Afghanistan und dem Irak. Mehr als 10 Prozent der Asylanträge in Österreich stammen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.
„Austria was the sixth-largest recipient of claims for asylum.“ (Global Trends 2015, 39).
Während die Zahl der Asylanträge zu Beginn des Jahres 2015 leicht abnahm, stieg die Zahl seit März 2015 stetig an. Der Höhepunkt wurde im November mit rund 12.308 Anträgen erreicht.
Flüchtlingskrise oder die Krise mit der Flucht
Die große Zahl an Flüchtlingen führte ab Sommer 2015 zu einem Mangel an Grundversorgungsplätzen und Wohnmöglichkeiten. Besonders kritisch waren die Zustände im Erstaufnahmelager Traiskirchen. Dort mussten im Sommer 2015 viele Flüchtlinge im Freien schlafen, da es zum Beispiel im Juli 2015 bei 3.200 Asylsuchenden nur 1.800 fixen Plätze sowie ein Zeltlager für 480 zusätzliche Personen gab. Ende Juli lebten sogar 4.500 Flüchtlinge im Erstaufnahmelager.
In Österreich sind 2015 88.340 Asylanträge gestellt worden. Gleizeitig traf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) 2015 mehr als 85.085 Asylentscheidungen, davon 41.312 im Asylbereich und 43.773 im Bereich des Fremdenrechts. Im Asylbereich erhielten zirka 14.000 Personen erstinstanzlich eine positive Entscheidung, 2.203 Flüchtlingen wurde subsidiärer Schutz gewährt. Für rund 60.000 der im Jahr 2015 eingegangenen Asylanträge gibt es noch keine Entscheidung.
Asyl in Österreich
Seit 1951 bekennt sich Österreich zur Genfer Flüchtlingskonvention. Damit hat es sich völkerrechtlich verpflichtet, Menschen, die in ihrer Heimat verfolgt werden, Asyl zu gewähren. Gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vom 28. Juli 1951 wird jede Person als Flüchtling anerkannt, die
„(…) aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und deren Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will; oder sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet (…).“ (Art. 1 Kapitel A Nr 2 der GFK)
Ziel des völkerrechtlichen Vertrags ist es Menschen, die auf Grund ihrer Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen oder sozialen Gruppe oder ihrer politischen Überzeugung verfolgt wurden, Schutz durch ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu gewähren. Anerkannten Flüchtlingen wird wegen ihrer Schutzwürdigkeit politisches Asyl gewährt. Im Gegensatz zu anderen MigrantInnen erhalten sie eine rechtliche Sonderstellung, die aber erst gilt, wenn die anerkannte Fluchtursache nachgewiesen werden konnte. Dafür müssen Flüchtlinge ihre „begründete Furcht vor Verfolgung“ nachweisen und diese subjektiv glaubwürdig begründen. Die „Einzelfallprüfung“ ist von der jeweiligen Rechtspraxis und dem Ermessensspielraum des Ziellandes und der Behörde abhängig.
Grenzkontrolle, Obergrenze und Co.
66 Jahre nach der Unterzeichnung der Genfer Flüchtlingskonvention kommt es seit 2016 zu Verschärfungen des Fremdenrechts. Als Grund dafür wird der Anstieg der Asylanträge angeführt. Die Politik reagierte mit Verschärfungen im Asyl- und Fremdenrecht:
- Asyl auf Zeit: Anerkannte Flüchtlinge erhalten in Zukunft nur eine befristete Aufenthaltsbewilligung für drei Jahre. Der Asylstatus wird nach Ablauf dieser Zeitspanne automatisch verlängert, wenn sich die Situation im Herkunftsland nicht wesentlich verändert hat. Die Neuregelung des Gesetzes wurde im April 2016 vom Nationalrat beschlossen und gilt rückwirkend bis zum 15. November 2015.
- Notstandsverordnungsrecht „zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit“: Diese Verordnung kann zur Anwendung kommen, wenn die Regierung wegen der Entwicklung der Asylanträge die Gefahr einer Krisensituation sieht. Das Notstandsverordnungsrecht kann im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats nur für sechs Monate erlassen und in weiterer Folge insgesamt dreimal (bis zu einer maximalen Geltungsdauer von zwei Jahren) verlängert werden.
- Obergrenze: Die österreichische Regierung hat im Rahmen des österreichischen Asyl-Gipfels am 20. Jänner 2016 eine Obergrenze von 37.500 AsylwerberInnen für 2016 beschlossen. Insgesamt will Österreich bis 2019 127.500 AsylwerberInnen (inklusive Familiennachzug) aufnehmen.
- Asylverfahren dürfen künftig bis zu 15 Monate dauern, statt bisher 6 Monate. Asylanträge vulnerabler Personengruppen, wie unbegleitete Minderjährige, können prioritär behandelt werden (vgl. Parlamentskorrespondenz Nr. 411 vom 27.04.2016).
- Weitere Änderungen: Erschwernisse beim Familiennachzug, verpflichtender Integrations-Check, verlängerte Anhaltemöglichkeiten für Flüchtlinge und adaptierte Bestimmungen in Bezug auf die Rechtsberatung, Änderung des Grenzkontrollgesetzes.
- Durchgriffsrecht: Der Bund hat seit 1. Oktober 2015 ein Durchgriffsrecht bei der Bereitstellung von Grundversorgungsplätzen. Da ein Großteil der Bundesländer nicht den verpflichtenden Quoten nachkam, beschloss die Regierung im September eine Verfassungsänderung.
- 50-Punkte-Integrationsplan
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Quellen und Daten